Pressespiegel

Anna Katharina alias Satu Blanc lässt Basel im Licht einer längst vergangenen Zeit erstrahlen.

Badische Zeitung, 2. Juli 2006
Text und Bild: Annette Mahro

Malerei und schwarze Kunst

Satu Blanc führt Besucher durch Basel auf den Spuren von Hans Holbein

Wer hat die Stadt in den Ruhm geführt? Wer Geistesgrössen wie den Humanisten Erasmus von Rotterdam in die Stadt gezogen? Die Seidenbandweber waren es nicht und auch nicht die 1460 gegründete und damit älteste Universität der Schweiz. Das sieht zumindest Anna Katharina so, deren schwarze Handflächen nicht von der Pest gezeichnet sind, sondern ganz im Gegenteil, von einem frühen Basler Lebenselexier, dem Buchdruck.

Unter dem Titel »Malerei und Schwarze Kunst« führt Anna Katharina in einem »theatralen Spaziergang« durch verwinkelte Gassen und auf verträumte Plätze der Stadt, die Bustouristen schon aus Platzgründen verschlossen bleiben. Weder Magie noch Zauberei hat bei Anna Katharina zu erwarten, wer sich mit ihr auf die Spurensuche der Drucker begibt. Doch nicht nur Annas schweres historisches Gewand und ihre Sprache entführen dann in eine andere Zeit. Auch das ausgewählte städtische Bühnenbild fügt sich nahtlos in Annas Berichte und manche Beschwörung ein.

Das Sankt Alban-Tal ist Annas Revier. Unter den Arkaden des Kunstmuseums ist der Ausgangspunkt für den kleinen geführten Rundgang, der an Kirche, Brunnen vorbei führt und an den Resten der alten Stadtmauer entlang. Von den Lebensgewohnheiten des Erasmus, der in ihrem Haus gewohnt hat, erzählt die Druckersfrau dann, von Hans Holbein dem Jüngeren und der Familie Amerbach, die nicht nur Buchdrucker zu den Ihren zählte.

Der von Holbein portraitierte Bonifatius Amerbach war bereits in die Juristerei gewechselt, der auch sein Sohn Basilius treu blieb. Mit dem berühmten Amerbach-Kabinett, das unter anderem den Erasmus-Nachlass und zahlreiche Holbein-Arbeiten umfasste, war er es dann, der den Grundstein zur ersten öffentlichen Kunstsammlung Europas und Basels Museum gelegt hat.

So schlüpft Anna Katharina auch ganz kurz in die Rolle des von Holbein mehrfach portraitierten einstigen Basler Bürgermeisters, Jacob Meyer zum Hasen, und nimmt dessen Bild gewordene reumütige Haltung an. Entsetzt weiss sie auch vom Basler Bildersturm zu berichten, von der Reformation und der Zerstörung der alten Ordnung. Und wenn sich Anna nach eigenen Worten auch einst im Familienrat für den Druck der Luther’schen Thesen eingesetzt haben will, steht sie dem Reformator doch angesichts der einsetzenden Bauernkriege eher kritisch gegenüber.

Wovon sie spricht, weiß Anna übrigens aus erster Hand. Hinter ihr verbirgt sich die Historikerin und Schauspielerin Satu Blanc, deren schöner Name tatsächlich so im Pass steht. Die Tochter einer Finnin und eines aus der französischen Schweiz stammenden Vaters hat sich auf die theatralen Stadtspaziergänge spezialisiert. Neben Malerei und schwarzer Kunst lädt sie an andern Tagen beispielsweise auch ein, ihr unter dem Titel »Wohin so eilig, Johanna?« zu folgen. Einmal mehr zu mittelalterlicher Zeit ist Satu Blanc dann die Magd aus alten wohlhabenden Basler Familien mit entsprechenden Geschichten im Gepäck.

Seltsamerweise stören in ihrem wiederbelebten Mittelalter vorbei fliessender Verkehr und Tramgeklingel ebensowenig, wie die neue Sichtbeton-Bebauung gleich neben den im Sankt Alban gut erhalten und restaurierten Resten der alten Stadtmauer. Auch die in homöopathischen Dosen eingefügten Anklänge an die Neuzeit, etwa der listige Einschub einer Infrarotuntersuchung, die an Holbeins Bildern wohl so manches zu Tage fordern könnte, macht die Imagination nur umso echter.

Hier und da gibt es einen malerischen Durchblick zwischen verwinkeltem Fachwerk hinauf zum St. Alban-Tor. Auch der plätschernde Mühlbach und das Wasserrad der historischen, heute zum Papiermuseum verwandelten Gallicianmühle, führt die Fantasie in eine Zeit zurück, die wahrhaft Grosses bewegt hat. Das Buch sollte endlich nicht mehr nur Schmuckstück für die wohlhabenden Stände sein.

Ins Gesamtbild fügt sich selbst Anna Katharinas ganz zum Abschluss augenzwinkernde Erinnerung an die Gepflogenheiten des wohlbekannten Ablasshandels. Ganz umsonst arbeiten eben auch die mittelalterlichsten Stadtführer nicht.