
Satu Blanc: Freyheitsball
Gebundene Ausgabe
Zytglogge 2025
ISBN 978-3-7296-5189-0
Erhältlich über den Buchhandel und
bei www.zytglogge.ch.
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bz, 5. August 2025
Anna Wegelin
Zwei Frauen auf ihrem Weg zur Freiheit
Der Roman «Freyheitsball» von Satu Blanc handelt von Basler Um- und Aufbrüchen im Nachgang zur Französischen Revolution.
Anna Buser und Sophie Amalie Aisenpreis bewegen sich in zwei streng getrennten Welten und sind zwei sehr unterschiedliche Charaktere. Anna ist freiheits-liebend, selbstbewusst, aufmüpfig und kämpferisch, «ohne Rücksicht auf Verluste». Die junge Frau aus der Arbeiterschicht will die Gesellschaft von Grund auf verändern.
Sophie Amalie hingegen ist eine desillusionierte Gattin, Hausfrau und Mutter. Sie wirkt verhalten und angepasst. Ihre wahren Gedanken und Gefühle hält sie in Tagebuchaufzeichnungen fest, und in ihr schlummert ein unheimlicher Freiheitsdrang.
Gesellschaftliche und politische Umwälzungen
Die Basler Schriftstellerin, Schauspielerin und Historikerin Satu Blanc beginnt ihren dritten historischen Roman «Freyheitsball» mit dem Tag des Ausbruchs der Helvetischen Revolution am 17. Januar 1798. Basel ist von Frankreich besetzt, es ist eine Zeit der politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen. Die Bevölkerung der Landschaft wird rechtlich der Stadtbevölkerung gleichgestellt. Der Basler Staatsmann Peter Ochs arbeitet in Paris eine neue Verfassung im republikanischen Geist aus.
Die Französische Revolution neun Jahre zuvor mit dem verheissungsvollen Slogan «Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit» rüttelt an der alten Ordnung. Doch das Patriarchat hält sich hartnäckig, die Männer der Obrigkeit haben das Sagen. Aber der Widerstand regt sich.
Anna arbeitet in einer Manufaktur für bedruckten und bemalten Baumwollstoff. Sie will unbedingt in der Dessinateurstube ihres Patrons angestellt sein und hier ihr künstlerisches Talent einbringen – zu gleichen Konditionen wie die männlichen Angestellten: «Es war eine Erleichterung, das Geflimmer vor den Augen auf Papier zu bannen, die Muster und Farben in meinem Kopf wenigstens für einen Moment loszuwerden.»
Währenddessen langweilt sich Sophie Amalie an hochwohllöblichen Damentreffen mit Ihresgleichen. Im Geheimen liest sie die emanzipatorischen Schriften von Louise d’Epinay (1726–83) und Olympe de Gouges (1748–93). Doch immer wieder erlebt sie Rückschläge. So ist sie als Frau zum Beispiel bei der Basler Lesegesellschaft am Münsterplatz nicht zugelassen. Dabei träumt sie von einem Lebensweg als Lehrerin. Dank Anna gewinnt Sophie Amalie schliesslich die Erkenntnis: «Allein geht es nicht.»
Intime Introspektion und tumultuöse Massenszenen
Auch im Roman «Freyheitsball», der das dreimonatige Geschehen abwechselnd aus Annas Ich-Perspektive und Sophie Amalies Perspektive in der dritten Person erzählt, nimmt uns Autorin Blanc mit in eine fiktive Episode der Basler Stadtgeschichte. Sie überliefert so die grosse Historie anhand von Geschichten aus dem Alltag. Mal ist es die intime Introspektion der beiden Protagonistinnen, mal sind es tumultuöse Massenszenen, welche die Autorin beschreibt. Und zwischendurch geht es ansatzweise auch etwas magisch und übersinnlich-fantastisch zu – so, als würde uns Blanc sagen wollen: Mit der Vernunft allein ist dem Irrsinn der Geschichte der Frauen auf ihrem beschwerlichen Weg zu Freiheit, Gleichheit und Schwesterlichkeit nicht beizukommen.